Der Familie Gotthelf traut man in Oberdorf nicht so richtig über den Weg. Zu viele Gerüchte umranken Gabriela und ihre drei Kinder. In der Kirche sieht man sie selten und der seltsame Andreas ist immer noch unverheiratet. Da kann doch nicht alles mit rechten Dingen zugehen! Doch auch wenn das natürlich niemand gerne zugibt, sind nicht wenige auf ihre Unterstützung angewiesen.
Die mittlere Generation steht voll im Arbeits- und Familienleben. Die ältesten Kinder sind nun selber im heiratsfähigen Alter, während man sich auch noch um die eigenen Eltern kümmern muss. Und das Schicksal des Dorfes wird von dieser Generation entschieden. Sie sind diejenigen mit der grössten Verantwortung, müssen aber auch dem grössten Druck standhalten.
Oberdorf liegt weiter hinten im Tal als Niederdorf. Es ist höher gelegen, der Schnee bleibt im Frühling ein paar Tage länger liegen. Die kleinen Häuser schmiegen sich verstreut an den Nordhang, und erhalten deshalb entsprechend wenig Sonne. Die schroffen Felsen auf der anderen Seite des Tals und regelmässige Gerölllawinen verhindern den Anbau von Korn. Doch im Sommer sind die Hänge voll von grasenden Schafen und man könnte sagen, das Blöken der Tiere ist das Wahrzeichen von Oberdorf. Ein kleiner Fusspfad führt vom Pass aus den Bergen durch den Ort und windet sich dem kleinen Bach entlang, der durch das Dorf und weiter Richtung Niederdorf plätschert.
Manche mögen sagen, die Oberdörfler*innen seien ungebildet, hinterwäldlerisch und so dickköpfig wie ihre Schafe. Doch die Menschen in Oberdorf wissen, dass ihre Wolle die einzige ist, die im Winter richtig warm hält. Sie wissen, wie man richtig anpackt und dass man mit Gottvertrauen viel erreichen kann. Wer wagt, gewinnt.
Hier oben komm selten jemand vorbei und der Weg in die Stadt ist weit – aus Oberdorf würde nie jemand weg. Dazu sind die Oberdörfler*innen zu stolz. Das Leben ist zwar hart, aber es ist ihr Zuhause. Die Welt ist überschaulich hier oben und man hat die Probleme schon immer selbst gelöst. So wird es auch bleiben.
Das sagen Oberdörfler:innen über sich:
widerstandsfähig, stolz, stark
Das sagen andere über Oberdörfler:innen:
ungebildet, hinterwäldlerisch, stur
Du bist die Klügste im Dorf und das weisst du auch. Deshalb fällt dir als Lehrerin auch wohl oder übel zu, dich wenigstens um den Nachwuchs zu kümmern, der noch nicht so hoffnungslos verloren ist, wie der Rest hier. Oberdorf hatte zwar schon vor dir eine Schule, aber erst seit du die Verantwortung darüber hast, wird richtig durchgegriffen. Alle Kinder der Generation nach dir haben zumindest mal einen Fuss über die Schwelle der kleinen Dorfschule gesetzt.
Schon seit du klein warst, hast du dich mehr für die Wissenschaft, als den Glauben interessiert. Gott hat zwar die Welt geschaffen, aber herauszufinden, wie sie funktioniert, liegt an den Menschen. Doch deine modernen Ideen treffen nicht nur auf Freunde. Du bist der Überzeugung, dass alle ein gewisses Mass an Grundbildung brauchen.
Vor fast zwanzig Jahren ist dein Vater Jakob in einem Unfall ums Leben gekommen. Du warst selber nicht zugegen und weisst nur, was dir deine Mutter erzählte:
“Es war Neumond und mitten in der Nacht begann unser Hahn zu krähen. Dein Vater wollte im Hühnerstall nachschauen gehen, ob alles mit rechten Dingen zu und hergeht. Er muss wohl von der Leiter gefallen sein, denn er lag neben ihr mit gebrochenem Genick im Dreck, als ich ihn gefunden habe.”
Dein Bruder, Andreas Gotthelf, war in derselben Nacht unterwegs, um bei Sarah Moser Geburtshilfe zu leisten. Viele hatten das Kind schon tot gesehen. Nun bringt das halbe Dorf die beiden Ereignisse zusammen und zerreisst sich das Maul über deinen Bruder, der, um ein Kind zur Welt zu retten, die Seele seines eigenen Vaters verkauft hätte. Doch du hältst das für Unsinn, der Teufel würde sich niemals in solche einfachen, sterblichen Belange einmischen. Nur dass dein Bruder nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, dessen bist du dir sicher. Aber auch wenn ihr euch doch immer mal wieder in den Haaren liegt, auf seine Art magst du ihn schon.
Mit deiner beruflichen Verpflichtung im Zölibat zu leben, bist du aus der ganzen Heiratspolitik fein heraus. Das bedeutet aber auch, dass du mit deinem langsam irre werdenden Bruder, Andreas Gotthelf und deiner alternden Mutter, Gabriela Gotthelf, zusammenleben musst. Manchmal, wenn du in der Schule deine Bücher zusammenpackst und durchs Fenster zuschaust wie Silvia Brunner, Marius und Lukas Keller wieder die arme Monika Frei piesacken, fragst du dich, ob du den Rest deines Lebens so verbringen willst. Wäre es nicht schön, wenn jetzt jemand zu Hause auf dich warten würde? Mit einem Lachen schiebst du diese Gedanken zur Seite.
Das wäre genau das, was sich deine Schwester Johanna Brunner für dich wünschen würde. Ein Gottgefälliges Leben. Am liebsten hätte sie, du wärst deine Arbeit los. Manchmal fragst du dich, ob du vor ihr aufpassen musst. Als Kinder hattet ihr keine enge Beziehung und sie ist früh von zu Hause weg. Sie liess sich von ihrem Mann Bernhard Brunner in eine fanatisch religiöse Spirale hineinziehen und ist wahrscheinlich schon lange hoffnungslos verloren. Trotzdem. Sie ist immer noch deine Schwester, vielleicht solltest du sie da herausholen. Du weisst aber auch, dass sie starken Groll gegen deine Familie hegt und dir schon lange genau auf die Finger schaut. Oft fragst du dich, ob sie etwa etwas von deinen Ausflügen nach Niederdorf weiss.
Nicht, dass du dich gerne mit den eingebildeten Dörfler*innen aus dem Tal abgeben würdest, von Niederdorf hältst du genauso wenig wie alle Anderen, doch im Gegensatz zu den Meisten hier, hast du dich nicht mit dummer Ignoranz zufriedengegeben, sondern hast dir deine Kontakte über die Grenze geknüpft. Einmal die Woche schleichst du dich während die anderen zur Messe gehen ins Nachbardorf, um dich mit Hubert Tobler zu treffen. Ein harmloser Informationsaustausch, aber du willst auf dem Laufenden bleiben.
Und als du mitbekommen hast, dass der fremde Besitzer vom Haus an der Grenze gestorben ist, hast du einen Plan gefasst: Das Haus an der Grenze würde sich gut eignen, eine richtige Schule für Oberdorf aufzubauen und du müsstest nicht mehr bei deiner Familie wohnen. Seit deiner Kindheit bist du mit der Dorfpräsidentin, Regula Moser befreundet. Wenn sie sich endlich einmal öffentlich für dich einsetzen würde und sich für die Idee starkmacht, könntest du das in Oberdorf sogar erreichen. Und wenn du es schlau anstellst und die arroganten Niederdörfler*innen gegeneinander ausspielst, fällt deren Kartenhaus in sich zusammen, was das Haus mit Sicherheit nach Oberdorf bringt.
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“Wenn Einer Geht” ist ein intransparentes Spiel. Lies also nur deinen eigenen Charakter und verrate keine Geheimnisse an andere Spielende vor dem Larp.
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Du kannst aber auch einfach abwarten, an deinem Kostüm arbeiten und dich aufs Spiel freuen.
Unter "Die Dörfer" findest du die öffentlichen Beschreibungen aller Familien und Charaktere.
Du musst dir aber nicht alle Charaktere vor dem Larp merken. Konzentriere dich auf die Beschreibung deines eigenen Charakters und deiner Kernfamilie. Dies sind die Menschen, mit denen dein Charakter zusammen wohnt und die er gut kennt. Zusätzlich beinhaltet dein Hintergrund ein paar Beziehungen zu Charakteren ausserhalb deiner Familie, deren öffentliche Beschreibung du gerne anschauen kannst.
Im Workshop am Tag vor dem Spiel werden wir uns in den Familien, Generationen und Dorfgemeinschaft treffen und einander kennenlernen. Falls du keine Möglichkeit oder Lust hast, dich vorher mit Leuten abzusprechen, ist das vollkommen in Ordnung.