Die Familie Brunner ist arm und gottesfürchtig. Bernhard behauptet immer, dass Gott für alles einen Grund hat – so auch dafür, dass ihre Schreinerei nicht mehr so gut läuft und der vergangene Winter nicht der erste war, in welchem drei Münder zu viele zu stopfen waren. Trotz ihrer Armut respektiert man die Brunners für ihre harte Arbeit und ihr unerschütterliches Gottvertrauen. „Die müssen nur aufpassen, dass der Herr sie nicht zu früh bei sich haben will, so inbrünstig sie dessen Wort vertreten“, flüstert man sich heimlich zu.
Die mittlere Generation steht voll im Arbeits- und Familienleben. Die ältesten Kinder sind nun selber im heiratsfähigen Alter, während man sich auch noch um die eigenen Eltern kümmern muss. Und das Schicksal des Dorfes wird von dieser Generation entschieden. Sie sind diejenigen mit der grössten Verantwortung, müssen aber auch dem grössten Druck standhalten.
Oberdorf liegt weiter hinten im Tal als Niederdorf. Es ist höher gelegen, der Schnee bleibt im Frühling ein paar Tage länger liegen. Die kleinen Häuser schmiegen sich verstreut an den Nordhang, und erhalten deshalb entsprechend wenig Sonne. Die schroffen Felsen auf der anderen Seite des Tals und regelmässige Gerölllawinen verhindern den Anbau von Korn. Doch im Sommer sind die Hänge voll von grasenden Schafen und man könnte sagen, das Blöken der Tiere ist das Wahrzeichen von Oberdorf. Ein kleiner Fusspfad führt vom Pass aus den Bergen durch den Ort und windet sich dem kleinen Bach entlang, der durch das Dorf und weiter Richtung Niederdorf plätschert.
Manche mögen sagen, die Oberdörfler*innen seien ungebildet, hinterwäldlerisch und so dickköpfig wie ihre Schafe. Doch die Menschen in Oberdorf wissen, dass ihre Wolle die einzige ist, die im Winter richtig warm hält. Sie wissen, wie man richtig anpackt und dass man mit Gottvertrauen viel erreichen kann. Wer wagt, gewinnt.
Hier oben komm selten jemand vorbei und der Weg in die Stadt ist weit – aus Oberdorf würde nie jemand weg. Dazu sind die Oberdörfler*innen zu stolz. Das Leben ist zwar hart, aber es ist ihr Zuhause. Die Welt ist überschaulich hier oben und man hat die Probleme schon immer selbst gelöst. So wird es auch bleiben.
Das sagen Oberdörfler:innen über sich:
widerstandsfähig, stolz, stark
Das sagen andere über Oberdörfler:innen:
ungebildet, hinterwäldlerisch, stur
Du bist ein gläubiger, verbissener Mann. Schon so manche Prüfung hat der Herr dir gestellt und jede Bürde nimmst du demütig auf dich. So bist du in armen Verhältnissen aufgewachsen und hast früh den hoch verschuldeten Betrieb deines Vaters übernommen. Lesen hattest du dir mit der Bibel selber beigebracht, für Schule hattest du keine Zeit. Von früh bis spät standest du mit deinem Vater in der Werkstatt und hast das Handwerk des Schreiners gelernt.
Und auch wenn dir der Allmächtige früh deine Eltern nahm, so bist du nie vom Pfad der Gerechten gewichen. Unerbittlich stehst du an der Grenze zwischen der Welt und dem Bösen und beschützt Dorf, wie Familie.
Denn als Schreiner hast du eine wichtige Aufgabe: Du bist auch der Bestatter des Ortes. Nicht selten musst du auch mal einen Sarg zusammenschrauben. Gehörigen Respekt vor dem Tod hast du also schon. Die Dinger müssen halten, sonst verfolgt dich der Geist noch bis in die Arme des Gevatters.
So warst du auch der Erste, der von der Beerdigung des Fremden an der Grenze benachrichtigt wurde. Schon lange hast du diesem Moment gebangt, denn von dem Haus an der Grenze kam noch nie etwas Gutes. Und von Niederdorf schon gar nicht, die sind allesamt schon längst dem Teufel verfallen!
Dennoch, du tust deine Arbeit gewissenhaft und hast für den Fremden einen Sarg aus gutem Holz gezimmert. Aber jedes Mal, wenn du den letzten Nagel einschlagen wolltest, fiel er herunter. Als du es endlich geschafft hattest und am nächsten Tag in deine Werkstatt zurückgekehrt bist, war er wieder herausgefallen. So ging das drei Nächte. Alles Beten und verbissene Arbeiten half nichts: Der Sarg musste wohl oder übel mit einem Nagel weniger geschlossen werden.
Deine Familie ist dein Ein und Alles. Es schmerzt dir im Herzen, sie jeden Winter erneut hungern zu sehen, doch auch eure Armut ist eine Prüfung Gottes und nur wer zusammenhält und nicht aufgibt, besteht diese. Dafür hast du eine gute Frau und eine liebe Tochter an deiner Seite.
Johanna Brunner hast du schon sehr jung geheiratet. Sie ist aus ihrer Familie, den Gotthelfs, praktisch in deine Arme geflüchtet. Das kannst du gut verstehen. Schon lange hattest du den Verdacht, dass die Gotthelfs sich mit dunklen Mächten einlassen. Selten waren sie in der Kirche. Und dann kam die Gewissheit: Andreas Gotthelf wurde in einer schwarzen Nacht zu den Mosers gerufen, als die Regula Moser mit Sarah Moser eine schwere Geburt hatte. Damit diese gut ging, soll er einen Teufelspakt eingegangen sein und damit das Leben seiner eigenen Familie aufs Spiel gesetzt haben. Der Bockfüssige holte sich dann auch noch in derselben Nacht seinen Vater, Jakob Gotthelf. Mit gebrochenem Genick lag dieser im Hühnerstall. Du hast dich geweigert, ihn auf dem Friedhof zu beerdigen. Weiss Gott, wo sie den verscharrt haben.
Aber seit jener Nacht hatte deine Frau Johanna Brunner keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie. Und das wirst du auch nicht weiter zulassen. So Gott dir die Kraft gibt, wirst du die Seelen deiner Familie und das Dorf vor dem Teufelspack der Gotthelfs beschützen.
Silvia Brunner ist euer grösster Segen. Deine Tochter kommt ganz nach dir und am liebsten wäre es dir, wenn sie den Betrieb nach dir übernehmen würde. Sie weiss, wie man anpackt und ist ein kluges Kind.
Doch es gab noch ein zweites Kind, Marius. Der kleine Bruder von Silvia Brunner kam kurze Zeit nach ihr zur Welt. Ihr hattet euch über das erneute Glück gefreut, doch schon der erste Winter zeigte, dass es so nicht lange weitergehen würde. Ihr wart zu arm, um noch ein weiteres Maul durchzufüttern. Schlussendlich war es die Entscheidung deiner Frau Johanna Brunner gewesen, das Kind zu verdingen, also für Erziehung, Kost und Logis als günstige Arbeitskraft in eine fremde Familie, zu den Mosers, zu geben. Bis heute weiss Marius nichts von seiner Herkunft und du hast deiner Ehefrau hoch und heilig versprochen, ihm nichts zu sagen. Die Mosers erzählten, er sei aus Niederdorf und ihr wollt nicht, dass Marius mit der Entscheidung ringen muss, wo er sich zugehörig fühlen soll.
Und wenn du ehrlich bist, schämst du dich dafür, dass du nicht selber für dein Kind aufkommen konntest. Dein Magen zieht sich immer noch zusammen, wenn du daran denkst, wie du mit Tränen im Gesicht den leeren Sarg zugeschaufelt hast, nachdem ihr allen erzählt habt, euer Kind sei gestorben. Bei den Mosers wird er es besser haben. An dem Gedanken hast du dich damals festgekrallt und tust es heute immer noch.
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Du kannst aber auch einfach abwarten, an deinem Kostüm arbeiten und dich aufs Spiel freuen.
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Du musst dir aber nicht alle Charaktere vor dem Larp merken. Konzentriere dich auf die Beschreibung deines eigenen Charakters und deiner Kernfamilie. Dies sind die Menschen, mit denen dein Charakter zusammen wohnt und die er gut kennt. Zusätzlich beinhaltet dein Hintergrund ein paar Beziehungen zu Charakteren ausserhalb deiner Familie, deren öffentliche Beschreibung du gerne anschauen kannst.
Im Workshop am Tag vor dem Spiel werden wir uns in den Familien, Generationen und Dorfgemeinschaft treffen und einander kennenlernen. Falls du keine Möglichkeit oder Lust hast, dich vorher mit Leuten abzusprechen, ist das vollkommen in Ordnung.